Umweltfreundliche Waschungen – How the Stitch Bros do it

durch Alex Prasch auf June 14, 2017
Anlässlich des 7. Geburtstags der Gebrüder unter dem Motto ‚Die chlorfreien Sieben’ erzählma euch jetzt, warum wir d a s Know-How in Sachen ökologische Waschungen haben. Dazu führen wir ein Interview mit dem Know-How-Träger in Sachen umweltfreundliche Waschungen bei den Gebrüdern, Charly Oberhofer aka dem ‚Earl of Rinse’.

Was ist eine Waschung? Und was ist der Unterschied zu Färbung?

Charly: Die Waschungen bestimmen die Helligkeit des Jeansstoffes. Der Jeansstoff – Denim - ist ursprünglich dunkelblau und wird ‚roher Stoff’ genannt, bis er gewaschen wird. Die erste Waschung heißt ‚Rinsewash’. Bei der Färbung wird der Denim hingegen eingefärbt.

Die Gebrüder machen umweltfreundliche Waschungen. Wie geht das und was ist in der Industrie üblich?

In der Industrie werden größtenteils Schwerchemikalien und/oder Chemikalien, die mit Schwermetallen oder irgendwelchen Schadstoffen belastet sind, verwendet und ungefiltert ins Abwasser abgegeben. Zum Beispiel Kaliumpermanganat, das zum partiellen Aufhellen benutzt wird. Es wird in der Neutralisation zu Mangan, und das ist Schwermetall. Das Bleichen wird in der Industrie meist mit Chlor gemacht und hinterlässt eine hohe ‚AOX-Belastung’ im Abwasser (Anmerkung: Schadstoffe im Abwasser). Die Gebrüder Stitch haben den Prozess GOTS-zertifiziert aufgebaut. Das heißt, dass das Abwasser nach dem Waschprozess zu 100 % klärbar ist. Wir hinterlassen keine Schwermetalle im Abwasser und der Prozess läuft dadurch umweltfreundlich und nachhaltig ab. Natürlich waschen wir mit Chemie. Aber Chemie ist ja nicht per se schlecht, man muss sie mit Bedacht auswählen!

Wie waschen die Gebrüder?

Jeder Hersteller findet für sich einen effizienten Prozess, es gibt nicht den einen richtigen Ablauf. Auch in der Industrie gibt’s für die Abläufe verschiedene Herangehensweisen und Schrittabfolgen. Bei Gebrüder Stitch werden die genähten Hosen zuerst auf ein Gestell aufgespannt, das dann aufgeblasen wird.. Damit liegt die Hose faltenfrei vor einem und kann bearbeitet werden. Wir nennen das Gestell ‚die Dolly’ oder ‚Hosenmonster’. Dann werden die gewünschten Gebrauchs- und Tragespuren (oder: ‚Used-Effekte’) mit Schleifpapier von Hand auf die Hose übertragen (auch ‚Scraping’ genannt). Danach wird der Stoff mit unterschiedlichen Chemikalien (Betriebsmitteln) behandelt, die partiell aufgetragen und damit aufgehellt werden. Dann wird die Hose in der Maschine mit den Enzymen gewaschen. Die Enzyme sind die moderne Variante der ‚Stonewash-Methode’: Ohne Steine auf molekularer Ebene, aber mit demselben Effekt. Danach wird bei Bedarf mit Bio-Bleiche weiter aufgehellt. Das ist also bei uns der Prozess: Schleifen – Enzym – Bleichen. Man kann die Schritte auch umdrehen, zum Beispiel zuerst Rinsewash und dann Scraping. Die Chemiker oder Designer geben das vor, es gibt unterschiedliche Ansätze.

Was ist der ‚Rinsewash’ genau?

Der direkt von der Stoffrolle kommende Denim hat noch viel überschüssige Farbe am Gewebe. Die muss runter, weil du sonst blaue Finger, blaue T-Shirts, blaue Möbel und was weiß ich alles kriegst. Wir waschen die Hosen beziehungsweise den Stoff einmal vor, damit die überschüssige Farbe von der Faser runter kommt. Und damit die Hose, die beim Waschen schrumpft, die gewünschten Maße bekommt und behält.

Geschieht diese erste Waschung der Hose, der ‚Rinsewash’, mit reinem Wasser oder ist da noch was dabei?

Wir geben ein GOTS-zertifiziertes Zusatzmittel ins Wasser dazu, einen sogenannten ‚Dispergator’. Er verhindert, dass sich die durch's Wasser gelöste Farbe wieder am Stoff festsetzt. Da wir weißes Bund- und Taschenfutter in den Hosen haben, sollen die nach dem Waschen immer noch weiß sein.

Wieso stehen hier im Hosenlabor vier Maschinen?

Drei sind Waschmaschinen, eine ist der Trockner. Es gibt unterschiedliche Prozesse und verschiedene Helligkeiten der Stoffe. Wir können nicht wie in der Industrie große Mengen an Jeans in einer Maschine auf einmal waschen. Wir können maximal drei Hosen in einen Waschgang stecken. Deshalb haben wir mehrere Maschinen.

Wie lange dauert so eine Waschung?

Jede Hose muss mindestens 60 Minuten bei 60° gewaschen worden sein. Damit erreicht sie auch den maximalen ‚Einsprung’. Einsprung ist die Schrumpfung des Denim im ersten Waschgang. Der Denim darf am Kunden nicht mehr kürzer oder enger werden. Daher berechnen wir diesen ‚Einsprung’ beim Zuschnitt mit ein.

Wieso kostet die Waschung ‚EcoWash3’ (mittlere Helligkeit) bei den Gebrüdern mehr als die ‚EcoWash1’ und ‚Ecowash5’?

Das kommt vom Zeitaufwand beim Auftragen des mechanischen Used-Effekts. Der wird per Hand gemacht und ist bei #1 und #5 ein sehr flächiger regelmäßiger Abrieb. Das geht schneller als der simulierte Faltenwurf durch längeres Tragen bei der ‚Ecowash 3’. Der ist zeitintensiver und erfordert beim Schleifen eine gewisse Fertigkeit.

Eine Waschung ist was anderes als eine Färbung. Was ist das?

Die Färbung – auch ‚Overdyeing’ genannt - ist eine weitere Art der Hosengestaltung. So wie wir den Stoff aufhellen - damit Farbe abziehen - und Used-Effekte simulieren können, können wir die fertige Jeans auch überfärben. Zum Blauton kommt noch eine andere Farbe aufs Gewebe. Das ist immer eine additive Farbmischung zu Blau. Das heißt, färben wir Rot, wird’s Violett.

Werden die Färbungen auch mit Enzymen gemacht?

Nein. Wir färben mit GOTS-zertifizieren Farbstoffen in der Maschine.

Was ist alles möglich bei Waschungen und dem Design der Jeans und was nicht?

Das Spektrum ist groß. Ich persönlich finde es absurd, Löcher in eine Hose zu machen. Wir bemühen uns um Nachhaltigkeit, und so wird die Faser kaputt gemacht. Aber wenn es jemand haben will, soll er’s haben.

Man könnte eine Hose auch weiß machen?

Man könnte sie gleich weiß nähen. Es gibt weißen Denim, der ist ungefärbt, aus Naturbaumwolle. Ich kenne allerdings kein zertifiziertes Verfahren um ihn Reinweiß zu bekommen.

Wieso ist diese umweltfreundliche Technik nicht weiter verbreitet?

Ich denke, weil es lange keine Restriktionen von Regierungen gab und gibt, die die Umweltbelastungen und Gesundheitsgefährdung der Arbeiterinnen in den Herstellerländern eingrenzen. Da muss sich generell was ändern.

Das umweltfreundliche Waschen ist ja nicht per se teurer, es wären also nur die Prozesse umzustellen?

Möglicherweise – oder wahrscheinlich – resultieren daraus auch Effizienzunterschiede in der Produktion. Wenn man tiefer in GOTS-Thematik reingeht, sieht man zum Beispiel, dass bei GOTS genetisch modifizierte Enzyme verboten sind. Modifizierte Enzyme sind aber effizienter. Statt 30 Minuten dauert der Produktionsschritt da nur 10 Minuten.

Wie lange dauert die Produktion einer mittel-ausgewaschenen Hosen in Industrie?

Der Waschprozess geht auch in der Industrie nicht viel schneller, weil es auch dort zwischendrin Trockenprozesse gibt. Aber wenn man den Faktor Stückzahl miteinbezieht, sind natürlich 500 Stück in einer Waschmaschine wesentlich effizienter und damit ‚schneller’. Mehr zum Thema: Mehr zur Geschichte mit dem Einsprung gibt’s hier zu lesen Mehr zum Jeansmonster und als es bei uns einzog Mit allen Wassern gewaschen – Das Jeans-Ökowashing der Gebrüder Stitch
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